VITAL 

Gesundheitspraxis

Neuroplastizität



Synaptische Plastizität


Durch neue Erfahrungen und Lernprozesse legt das Gehirn neue Pfade an. Bei diesen neuronalen Pfaden oder Schaltkreisen handelt es sich um Verbindungen zwischen Nervenzellen. Diese Verbindungswege bilden sich im Gehirn durch tägliches Verwenden und Üben, vergleichbar mit einem Gebirgspfad, der sich beim täglichen Begehen durch einen Hirten und seiner Herde bildet. 

Die Neuronen eines solchen Pfades kommunizieren miteinander über einen Berührungspunkt, die Synapse. Diese Kommunikationswege können das ganze Leben lang regeneriert werden. Jedes Mal wenn neues Wissen erworben wird (durch wiederholtes Praktizieren), wird die synaptische Kommunikation zwischen den Neuronen gestärkt. Eine bessere Kommunikation zwischen  den Neuronen bedeutet, dass die elektrischen Signale viel effizienter übertragen werden, wenn ein neuer Pfad gebildet oder verwendet wird. Wenn du beispielsweise versuchst, einen Vogel zu erkennen, werden neue Verbindungen zwischen spezifischen Neuronen angelegt. 

Die Neuronen der Sehrinde vermerken die Farbe, Neuronen der Hörrinde identifizieren den Gesang und andere den Namen des Vogels. Um zu wissen, um welchen Vogel es sich handelt, werden Attribute wie Farbe, Gesang und Name oft wiederholt. Bei jeder erneuten Verwendung des neuronalen Pfades und bei jeder neuronalen Übertragung zwischen den für diese Information verantwortlichen Neuronen, bei jedem neuen Versuch verbessert sich die Effizienz der synaptischen Übertragung. Die Kommunikation zwischen relevanten Neuronen ermöglicht es, die Kognition ständig zu verbessern. Die Synaptische Plastizität ist wohl der Grundpfeiler auf dem die erstaunliche Formbarkeit des Gehirns ruht. 



Funktion und Verhalten: 

Lernen, Erfahrung und Umwelt

Wir haben gesehen, dass Plastizität die Fähigkeit des Gehirns ist, seine biologischen, chemischen und physischen Eigenschaften zu verändern. 

Kommt es zu Veränderungen im Gehirn, werden gleichzeitig verschiedene Funktionen und das Verhalten modifiziert. In den letzten Jahren hat man gelernt, dass Gehirnveränderungen auf genetischer oder synaptischer Ebene durch eine große Vielfalt erfahrungs- und umweltbezogener Faktoren hervorgerufen werden können. Die Fähigkeit, neue Dinge zu lernen, ist die Kernaufgabe der Plastizität. 

Ein verändertes Gehirn ist wahrscheinlich der beste Beweis dafür, dass ein Lernprozess stattgefunden hat und von der Umwelt möglich gemacht wurde. Im Laufe unseres Lebens gibt es vielfältige Gründe und Formen für neues Lernen, das jederzeit stattfinden kann. Kinder erwerben beispielsweise neues Wissen in großen Mengen. Dabei verändert sich in dieser intensiven Lernphase ihr Gehirn sehr stark. Neues Lernen kann auch bei neurologischen Beeinträchtigungen notwendig werden, die zum Beispiel durch Verletzungen oder einen Schlaganfall entstanden sind. In diesen Fällen müssen gestörte Funktionen, die normalerweise von dem geschädigten Gehirnbereich ausgeführt werden, neu erlernt werden.

 

  

Neuroplastizität: Reise in das Gehirn

Dein Gehirn ist ein extrem mysteriöser und komplexer Organismus. Es kann unglaublich schnell Infos aufnehmen und filtern, was relevant scheint. Es kann seine Ressourcen ganz bestimmten Funktionen widmen und zu einem gewissen Grad sich selbst neu vernetzen, um die meiste Leistung herauszuholen. Tauchen wir also ein in das menschliche Gehirn, um zu sehen, wie es auf verschiedene Stimuli reagiert.

Dafür betrachten wir das Experiment von Eleanor Maguire, eine Professorin am University College London, welches eine Gruppe von Taxi- und Busfahrern in der britischen Hauptstadt untersuchte.

Londoner Taxifahrer wurden darüber ausgefragt, wie sie von einem Teil der Stadt in einen anderen gelangen. Die Fragen waren dazu entworfen worden, das Gehirngebiet anzusprechen, welches für räumliche Lokalisierungen und deren Speicherung verantwortlich ist. Dieser Bereich nennt sich Hippocampus.

Bei der Gehirnanalyse zeigte sich, dass der Hippocampus von Taxifahrern deutlich größer war als bei der Vergleichsgruppe der Busfahrer, die vorgefertigte Routen fahren. Außerdem veränderte sich der Hippocampus je nachdem wie lange der Fahrer seinen Beruf bereits ausübte.  Ein weiteres interessantes Experiment wurde vom spanischen Wissenschaftler Alvaro Pascual-Leone durchgeführt. Für seine Studie teilte er Freiwillige in zwei Gruppen ein. Der einen Gruppe brachte er bei, wie sie ein einfaches Klavierstück auf dem Instrument spielen. Er fand dabei heraus, dass das Klaviertraining eine Erweiterung der motorischen Kortex –Region als Folge hatte, welches für die tatsächliche Bewegung der Finger zuständig ist.

Recht interessant. Aber der richtig gute Teil kommt erst noch.

Die andere Hälfte wurde darum gebeten, sich vorzustellen, das gleiche Musikstück zu spielen.

Bei der Gehirnbilderanalyse dieser Gruppe zeigte sich, dass die Freiwilligen dieselbe Region des Motor Kortex nutzen wie auch die Gruppe, die das Stück tatsächlich spielte. Ergo: Allein die Vorstellung das Stück zu spielen reicht aus, um das Gehirn zu stimulieren und gewisse Gehirnregionen zu stärken.

Diese zwei Experimente zeigen nebst vielen anderen, dass das menschliche Gehirn wie jeder Muskel in unserem Körper durch Training gestärkt wird. Im Falle des Gehirns wird eine Stärkung während des Prozesses der Neurogenisis (die Entstehung neuer Neuronen) erzeugt.

Dabei stellen Erfahrungen neue neurale Netzwerke her. Dies hat unglaubliche Auswirkungen auf unsere Weiterbildung.


 

Neuroplastizität: Kritische Periode der 

Gehirnentwicklung


Die kritische Entwicklungsperiode ist ein wichtiges Konzept der Neuroplastizität. Sie beziehen sich auf Perioden und Zeiträume, in denen unser Gehirn empfänglicher für Stimulation aus der Umwelt ist. Eines dieser Zeiträume und der vermutlich wichtigste findet sich in der Kindheit.

Das überrascht vermutlich wenige. Hast du dich je gefragt, wieso Kleinkinder etliche Sprachen ohne große Anstrengung erlernen können, während du jahrelang Englisch gebüffelt hast und trotzdem noch unregelmäßige Verben vergisst?

Das hängt meist nicht nur von einem alleinigen Faktor ab, jedoch ist Neuroplastizität einer der Hauptakteure beim mentalen Wachstum. Die Gehirnplastizität ist im frühen Entwicklungsstadium unseres Lebens auf dem Höchststand, da das Lernen in dem Zeitraum essentiell ist, um sich an die Umwelt anzupassen und darauf zu reagieren (Kommunikation, soziale Interaktion, Erkennen von Gefahren etc.).

Mit der Zeit nimmt die Gehirnplastizität ab (aber wird niemals gänzlich gelöscht). Einige Wissenschaftler sind gar der Überzeugung, dass es weitere Zeiträume gesteigerter Gehirnentwicklung während der Pubertät gibt.

Es ist daher wichtig, von diesen Zeiträumen zu profitieren. Sollten wir den Vorteil dieser kritischen Zeiträume nicht wahrnehmen, empfinden wir das Lernen womöglich schwieriger, sobald wir älter werden – denn die Gehirnplastizität nimmt ab.

 

Neuroplastizität: Pädagogische Folgerungen

Legen wir diese wissenschaftlichen Fakten einmal beiseite und überlegen, was diese Ergebnisse für die Bildung zur Folge haben. 

Zunächst impliziert dies, dass wir uns alle verbessern können. Aber es bedarf einiger Anstrengung. Es gibt keine Entschuldigung mehr, dass uns Mathe unglaublich schwer fällt oder wir nicht für Sprachen gemacht sind. Zwar mögen wir nicht überall gleich talentiert sein, aber deswegen gleich aufzugeben ist eine faule Ausrede! Denn auf lange Sicht können wir alles gut erlernen.  Das ist eines der wunderbaren Ansichten des dynamischen Denkens: Es betrachtet die eigene Herausforderung als unerlässlichen Teil der Entwicklung und fördert deinen Glauben an dein eigenes Lernpotential, anstatt es zu beschränken.

Je mehr du dein Gehirn nutzt, desto stärker wird es.  Zusätzlich negiert dieses Konzept die Idee, dass wir ab einem gewissen Alter nicht mehr hinzulernen können. Auch wenn wir fortschreitend älter werden, können wir in jedem Alter lernen und neue Neuronen generieren, wenn wir uns weiterhin selbst herausfordern.

Kurz zusammengefasst heißt das, dass das Konzept der Neuroplastizität zu einem dynamischen Denken führen sollte und somit zum Erreichen unseres vollen Potentials. 

Durch neue Erfahrungen und Lernprozesse legt das Gehirn neue Pfade an. Bei diesen neuronalen Pfaden oder Schaltkreisen handelt es sich um Verbindungen zwischen Nervenzellen. Diese Verbindungswege bilden sich im Gehirn durch tägliches Verwenden und Üben, vergleichbar mit einem Gebirgspfad, der sich beim täglichen Begehen durch einen Hirten und seiner Herde bildet. Die Neuronen eines solchen Pfades kommunizieren miteinander über einen Berührungspunkt, die Synapse. 

Diese Kommunikationswege können das ganze Leben lang regeneriert werden. Jedes Mal wenn neues Wissen erworben wird (durch wiederholtes Praktizieren), wird die synaptische Kommunikation zwischen den Neuronen gestärkt. Eine bessere Kommunikation zwischen den Neuronen bedeutet, dass die elektrischen Signale viel effizienter übertragen werden, wenn ein neuer Pfad gebildet oder verwendet wird. 

Bei jeder erneuten Verwendung des neuronalen Pfades und bei jeder neuronalen Übertragung zwischen den für diese Information verantwortlichen Neuronen, bei jedem neuen Versuch verbessert sich die Effizienz der synaptischen Übertragung. Die Kommunikation zwischen relevanten Neuronen ermöglicht es, die Kognition ständig zu verbessern. Die Synaptische Plastizität ist wohl der Grundpfeiler auf dem die erstaunliche Formbarkeit des Gehirns ruht.

Quelle:

https://www.cognifit.com/de/gehirnplastizitat https://www.goconqr.com/de/examtime/blog/lerntheorien-neuroplastizitat/